Samstag, 7. September 2013

Sailing in a Nutshell, Part N°2

Sonntag, 25.08.2013

Nach Aufstehen, Waschen, Zähne putzen, Frühstück und Verstauen des Inventars kam dann der entscheidende Moment. Das Ablegen.

Zum ersten Mal auf dem Bug herumturnen um die Leinen zu lösen. Ein ungutes Gefühl, auf schwankendem Plastik herumzulaufen, ohne sicher zu sein, wie und wo man sich festhalten kann. Auch trotz der Segelschuhe, die ja angeblich guten Halt bieten sollen.

Der Mann an meiner Seite hat uns (und die Nussschale) dann langsam unter Motor aus der Marina heraus gesteuert. Zum ersten Mal unterwegs auf einer Nussschale. Zum ersten Mal in den Tonnenstrich. Da der Wind noch immer aus Osten kam, hatte der Vercharterer uns abgeraten unsere „Rund Rügen Tour“ zu fahren. Außerhalb der Boddengewässer würde eine 2 mtr Welle stehen, und das würde recht unangenehm werden.

Daher entschieden wir uns, Richtung Hiddensee zu fahren.

Der Anfang der Strecke war recht gemütlich. Bis zur Ziegelbrücke konnten wir mit der Fock segeln, und da wir nur 1.25 mtr Tiefgang hatten, konnten wir auch bequem das „Mann-über-Bord“ Manöver üben - mit einem Fender, genannt Fred. Zum einen, damit der erwiesenermaßen beste Mann der Welt das Boot besser kennenlernen konnte. Zum anderen, damit ich ein wenig Gefühl für das Segeln bekommen konnte. Beim dritten Mal ging es dann auch ganz gut, auch wenn es mit der Pinnensteuerung nicht so ganz einfach war.

Die Herausforderung kam dann an der Ziegelgrabenbrücke. Dort mussten wir dann allerdings an den Dalben warten. Zusammen mit einigen anderen Booten. Das Problem war für mich vor allem das Anlegen der Halteleinen. Dafür musste ich an den Bug krabbeln und diese dort befestigen, während der Mann an meiner Seite gesteuert hat. Auf einem schwankenden Nussschälchen. Und nach dem Erreichen der Wartedalben dann diese Halteleinen durch die Ringe an den Dalben fädeln und zurück aufs Boot ziehen, um diese dort festzubinden.

Von dort aus hatten wir aber einen guten Blick auf die Ziegelgrabenbrücke. Die alte, als Zugbrücke ausgeführte Brücke ist 133 m lang und verbindet das Festland mit der noch zu Stralsund gehörenden Insel Dänholm. Sie besteht aus drei Teilen: Zwei feste Brücken mit jeweils 52 mtr Stützweite und dem klappbaren Mittelteil mit einer Stützweite von 29 mtr.



Die Stahlkonstruktion des Mittelteils mit einer Masse von 370 Tonnen wird täglich zu festgelegten Zeiten für den Straßen- und Schienenverkehr gesperrt. Das Heben der Brückenteile ermöglicht der Schifffahrt das Passieren des Rügendamms; die Öffnung geschieht täglich jeweils um 02:30 Uhr (Bedarfsöffnung), 05:20 Uhr, 08:20 Uhr, 12:20 Uhr, 17:20 Uhr und 21:30 Uhr für 20 Minuten, was eine Sperrung für Züge und Fahrzeuge bedeutet.

Wir haben die 12:20 Uhr Öffnung genutzt.
5 Minuten vorher haben wir uns dann wieder bereit gemacht. Ich musste also wieder nach vorne - Leine lösen und rechtzeitig wieder an Bord zurückziehen, damit sich diese nicht in die Schraube wickelt konnte. Und dann unter Fahrt wieder zurück ins Cockpit. Wackelig und nicht schön. Aber mit festhalten und zeitweiligem krabbeln ging es.

Der Brückenwart lies nach Öffnung erst die Gegenseite durch und so konnten wir einen holländischen Großsegler bewundern.



Das andere Boot, das mit uns gewartet hatte, überholte uns hinter der Brücke, so dass wir ihm folgen konnten. Der erwiesenermaßen beste Mann der Welt kletterte aber kurz vor Hafenende zur Segelkarte runter in den Salon (das sollte am heutigen Tag seine unfreiwillige Hauptbeschäftigung werden) und stellte fest, dass wir zwar die Sportboot-Abkürzung nehmen könnten, aber auf die Betonnung achten müssten. Beim Abbiegen zeigte sich dann auch warum.

Das andere Boot segelte (warum auch immer) rechts an der schwarz-gelben Warntonne vorbei. Auf der falschen Seite wie sich Sekunden später zeigte. Es rumste gewaltig als der Kiel auf dem Felsen aufschlug. Unser Hilfsangebot wurde abgelehnt, da die beiden keine Probleme hatten und weitersegeln konnten.



Nach dem Stralsunder Hafen konnten wir dann eine ganze Weile mit der Fock weitersegeln, nur kaum das wir in die Nähe des Hiddenseefahrwasser kamen mussten wir auf Motor umstellen. Keine andere Chance ! Die Betonnung war SO eng und der Verkehr so heftig, dass wir keine andere Möglichkeit sahen. In München ist es auf den Mittleren Ring auch nicht leerer an einem normalen Arbeitstag,

Zudem waren sehr viele Wassertaxis und Fähren unterwegs, die auch nicht aus dem Tonnenstrich (Minenfeld) ausweichen konnten oder wollten.

Irgendwann machte sich bei mir ein Gefühl der völligen Überforderung breit. Der Mann an meiner Seite musste ständig die Treppe rauf und runter turnen, um die Seekarte zu kontrollieren und ich musste entsprechend steuern. Mitsamt den anderen Seglern, Tais und Fähren. Und als wir dann kurz vor Vitte (unserem Tagesziel auf Hiddensee) noch auf Grund liefen, war es bei mir vorbei. Ich fühlte mich wie das Kaninchen vor der Schlange. Aber es half ja nichts, wir mussten in die Marina.

Und so kam es zu der ersten Auseinandersetzung seit Monaten zwischen dem Mann an meiner Seite und mir. Er hat seine „Schlange“ hinsichtlich des Anlegens und war entsprechend nervös. Zumal er das Boot nicht so richtig und die Anfahrt zur Marina gar nicht kannte. Und dann das Gefühl, alles alleine machen zu müssen, da ich ja (bekanntermaßen) ein absoluter Anfänger war.

So passierte da, was nicht passieren sollte. Er überfordert, ich überfordert. Was dazu führte, das er mir das Gefühl vermittelte, er würde meine Ängste und Nöte einfach ignorieren. Mich ignorieren. Und so flossen die dicken Tränen. Als er das dann aber bemerkte hat er im Kopf umgeschaltet.

Wir haben hinterher mehrfach über diese Situation geredet, uns ausgesprochen über das, was an diesem Tag passiert ist. Und es geklärt.

Bei der Anfahrt zur Marina „Lange Ort“ hatten wir uns, wie erwähnt, etwas vom Minenfeld entfernt und waren prompt im Schlick stecken geblieben. Das hatte es nicht einfacher für ihn gemacht. Zudem hatte der Wind stark zugenommen und war inzwischen bei gut Stärke 5-6 angekommen. Daher haben wir bei der Einfahrt in die Marina noch für Hafenkino gesorgt.



Der Mann an meiner Seite wollte mir zuliebe die Dalben rückwärts ansteuern, was sich aber aufgrund des Radeffektes der Schraube, des zunehmenden Ostwinds und der klugen Sprüche zuschauender Segler zunehmend als unmöglich erwies. So hingen wir dann irgendwann quer vor den Dalben und hatten große Mühe, dort wieder wegzukommen an einen anderen Liegeplatz.

Schlussendlich fanden wir in der letzten Reihe noch einen Platz, den wir aber auch nur nutzen konnten da unser Boot lediglich einen Tiefgang von 1,25 m besaß. Wenn es mehr gewesen wäre, hätten wir dort nicht liegen können.

Auch bei diesem Anlegen gab es Stress, da ich auf die Anweisungen der „Anlegehelfer“ gehört und zwei Leinen getauscht habe. Es klang alles absolut logisch, daher habe ich es nicht in Frage gestellt. Der Mann an meiner Seite hatte das aber nicht mitbeklommen und war entsprechend genervt, weil er hinten große Probleme mit dem Festmachen hatte durch den Wind.

Aber auch das haben wir in Zuge unserer langen Abendgespräche geklärt.

Wir waren jedenfalls beide heilfroh, als das Boot festgebunden war und ruhig lag. Der Ostwind war doch sehr ungemütlich und es sollte nicht viel besser werden in der Nacht. Durch den anderen Liegeplatz hatten wir aber das Glück, dass das Boot „richtig“ herum lag und der Wind nicht in den Salon blasen konnte.

Die Marina ist relativ neu, aber das sehr hemdsärmelige Geschäftsgebaren des Eigentümers dieser privaten Marina ist wohl hinlänglich bekannt. Ein Bemühen um eine Verbesserung seitens des Hafen- und Kurbetriebes Hiddensee ist mehrfach gescheitert. Und eine Rechtsgrundlage für Freundlichkeit hat der Gesetzgeber bis dato nicht geschaffen.



Wir haben uns dort jedenfalls beide absolut nicht wohlgefühlt. Nur der Wind und die Uhrzeit ließen keine andere Wahl zu. Wobei wir beide es an nichts direkt festmachen können, warum dies so war. Es war einfach nur das Bauchgefühl.

Einen Kiosk gibt es zwar, aber mehr als die Liegegebühr (mit 2,50 €/m viel zu hoch) zu entrichten und Duschmarken zu kaufen, haben wir dort nichts gemacht. Eigentlich hätte wir vor dem Verlassen der Marina auch noch Kurtaxe entrichten müssen, habe es aber einfach ignoriert.

Auf der Insel selber haben wir auch nur nach einem Geldautomaten gesucht und ein kleines Anlegerbier getrunken. Mehr nicht. Das war einfach alles völlig überteuert. An diesem Abend gab es Chili con Carne aus der Dose vom Stamm- und Hausmetzgers meines Lieblingsskippers. Viel anderes lies der Spirituskocher aber auch nicht zu.

Die Nacht war recht ungemütlich ob der nachmittäglichen Spannungen und des heulenden Windes.

Die beiden Berliner (die mit dem Bootsrumpler) hatten übrigens neben uns festgemacht, wie wir nach dem kurzen Spaziergang in den Ort feststellen konnten. Dem Boot ist tatsächlich wohl nichts passiert. Sie wollten aber trotzdem einen Ruhetag auf Hiddensee machen.

Der eine der beiden hat dem Mann an meiner Seite am nächsten Morgen während ich duschen war dann erzählt, dass er seiner Frau das Segeln (bzw. die Lust darauf) verdorben hätte durch so ein Wetter wie am Vortag. Sie hätte die Nase voll. Zu diesem Zeitpunkt ich, ehrlich gesagt, aber auch.


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